Literatur zum Heftthema


Martin Ebner
Mitreden, mitentscheiden, mitgestalten
Wie sich frühchristliche Gemeinden organisierten und was wir daraus lernen können
Innsbruck (Tyrolia Verlag) 2025
152 S., € 15,00, ISBN 978-3-7022-4259-6

Martin Ebner stellt in seiner aktuellen Publikation heraus, welche Impulse die Organisationsformen frühchristlicher Gemeinden für das Mitreden, Mitentscheiden und Mitgestalten in unseren gegenwärtigen Gemeinden bieten. Er zeigt zunächst das Panorama frühchristlicher Gemeindeordnungen auf (1. Kapitel) und stellt unterschiedliche Modelle der Gemeindeleitung vor (2. Kapitel). Während er im weiteren Verlauf auf stattgehabte Konflikte und Korrekturen verweist (3. Kapitel), geht er im Anschluss daran auf den alten (und neuen) Platz der Frauen ein (4. Kapitel), bevor er im fünften und letzten Kapitel seines Buches aufzeigt, was Gemeinden heute von frühchristlichen Gemeinden lernen können, um das Kirchenboot umzubauen. Dafür verweist Martin Ebner auf die Pluralität der Jesusbilder ebenso wie auf die Pluralität der Gemeindeordnungen und auf das Nebeneinander Ekklesial-basisdemokratischer Modelle und presbyterialer sowie monarchischer Modelle (35). »Die im Kanon gesammelten Schriften als verbindliche Vorgabe dokumentieren«, wie Martin Ebner hervorhebt, »[…] einen breiten und vielfältigen Gestaltungsraum christlichen Lebens.« (117) Und dementsprechend sei auch gegenwärtig Pluralität zuzulassen und zu fördern (126f.).
Bereits in seinem ersten Kapitel über das Panorama frühchristlicher Gemeindeordnungen stellt Martin Ebner unter Verweis auf 1 Kor 11,2–16 heraus, dass Frauen das gleiche Rederecht wie Männern zustehe und dass dementsprechend die wirkungsgeschichtlich höchst einflussreiche Passage, die den Frauen »Schweigen in der Ekklesia« auferlege (1 Kor 14,34f.), nicht von Paulus stammen könne (17; ausführlich dazu dann 97ff.). Andernfalls würde Paulus sich selbst widersprechen und, wie Martin Ebner hervorhebt, »seine Tauftheologie desavouieren«. (17) Martin Ebner stellt der städtischen Ekklesia, zu der nur freie Männer mit dem Bürgerrecht der Stadt Zutritt gehabt hätten, die paulinischen Gemeinden gegenüber und resümiert: »Die getauften Frauen und Männer in den paulinischen Gemeinden organisieren und verstehen sich analog zur städtischen Ekklesia – allerdings mit theologischer Vertiefung (von Gott gerufen) und entsprechend soziologischer Öffnung über alle gesellschaftlich etablierten Grenzen hinweg […]. Sie praktizieren die Bürgerrechte der Getauften. Was die meisten von ihnen in der städtischen Ekklesia nicht dürfen, das dürfen sie als Getaufte: mitreden, mitabstimmen, mitentscheiden.« (17)
Gegenüber dem monarchisch verfassten Modell der Bischofskirche, das dem Zeitgeist der reichsrömischen Sozialordnung entsprochen und sich deshalb in nachneutestamentlicher Zeit allmählich durchgesetzt habe, verweist Martin Ebner auf die Pluralität unterschiedlicher Gemeindemodelle und Ämterkonstellationen. (31–38) »Die Pastoralbriefe bilden mit ihrem episkopalen Modell innerhalb des Kanons eine absolute Minderheiten- und Außenseiterposition, gegen die einige Schriften auch noch deutliche Abwehrhaltung zeigen. Demgegenüber sind ekklesiale und presbyterale Modelle mit starker Teilhabe aller Gläubigen intensiv vertreten. Innerhalb des Kanons gibt es also eine Tendenz gegen die (mögliche) monarchische Gemeindeverfassung. Das sollte Gewicht behalten, auch wenn es dann schnell anders geworden ist. Immerhin ist der Kanon das maßgebliche Grund- und erste Konsensdokument des Christentums, an dem sich jede Verheutigung bzw. Transformation zu messen hat.« (38)
Dass für einen zeitgemäßen, biblisch verantworteten Umbau des Kirchenboots eine neue Zuordnung von Charisma und Amt notwendig sei, hebt Martin Ebner im letzten Kapitel hervor. »Das sind die zahlreichen Charismen der sogenannten Laien mit ihren Kompetenzen, die nicht zum Einsatz kommen oder nur in der zweiten Reihe mit beratender Funktion. Dazu gehören die vielen voll ausgebildeten Theologinnen und Theologen, denen die selbständige Leitung von Gemeinden und die Predigt innerhalb der Eucharistiefeier verwehrt wird, obwohl sie die gleiche Ausbildung wie die Kleriker haben. Nicht zu vergessen die vielfältigen Fähigkeiten von Frauen und Männern vor Ort, unter denen manche für die Moderation einer Gemeinde besser geeignet sein können als der zuständige Pfarrer, zudem Menschen mit dem Charisma, Gruppen zusammenzuhalten und eine Atmosphäre des Miteinanders zu fördern, sowie solche, die einfach gut zuhören können und Empathie zeigen usw.« (121) Demgemäß plädiert Martin Ebner für eine Reihe von Veränderungen. »(1) Statt der Kumulierung von Aufgaben: Verteilung auf viele Schultern. Speziell betrifft das die Bündelung von Eucharistievorsitz, Predigt und Leitung beim Priester. Um es klar zu sagen: Der Priester als Lebensmodell soll keineswegs abgeschafft werden, nur seine strukturell zentrale Rolle, die er im momentanen Kirchensystem spielt. […] (2) Statt Amt auf Dauer: Ämter auf Zeit samt Rechenschaftspflicht und geregelten Absetzungsverfahren. (3) Statt die Besetzung von Leitungsämtern auf Männer zu beschränken: Besetzung der Ämter nach Kompetenz und Ausbildung, unabhängig von Geschlecht oder Zölibatsversprechen. (4) Statt der Weihe für einen universalen Geltungsbereich: Einsetzung für eine bestimmte Gemeinde oder einen bestimmten Aufgabenbereich (etwa in der Kranken- oder Sterbebegleitung) – mit den entsprechenden Vollmachten zur Sakramentenspendung. Auf die Vorstellung einer ›Weihe‹ oder ›Ordination‹ sollte generell verzichtet werden, weil sie den Kandidaten in einen höheren Stand (ordo) versetzt bzw. ihn mit einer sakralen Aura umgibt.« (122)
Martin Ebner legt ein überaus lesenswertes Buch vor, das zudem noch durch eine Reihe von Impulsfragen angereichert wird, die in den einzelnen Kapiteln zur weiteren Auseinandersetzung anregen. »Wie könnte heute ›Leitung im Team‹ im Sinn des Paulus konkret umgesetzt werden? In der Pfarrei? Im Bistum? In der Weltkirche?«; »Wie und wo erleben wir in unserer Kirche geschwisterliches Miteinander über gesellschaftliche Grenzen hinweg?« (Kapitel Modelle der Gemeindeleitung, 41); »Welche Rolle spielen Frauen in meiner Gemeinde?«; »Erlebe ich, gerade im kirchlichen Bereich, Vorurteile gegenüber Frauen in leitender Position?« (Kapitel: Der alte [und neue] Platz der Frauen, 97).
Der aktuellen Publikation Martin Ebners sind möglichst viele Leser*innen zu wünschen, um Vielfalt und Mitbestimmung auf Gemeinde- und Bistumsebene gewinnbringend und fruchtbar diskutieren zu können.


Nicola Ottiger, André Ritter (Hg.)
Synodale Kirche(n) und kirchliche Synodalität
Ökumenisch-theologische Perspektiven (ÖTP – Reihe Ökumenisches Institut Luzern; Bd. 15)
Zürich (Theologischer Verlag Zürich) 2024
188 S., € 32,00, ISBN 978-3-290-20251-4

Der von Nicola Ottiger und André Ritter herausgegebene Band versammelt Beiträge aus verschiedenen theologischen Fachrichtungen in konfessions- und länderübergreifender Perspektive zum Thema der Synodalität, die es in ihrer ökumenisch-theologischen Dimension zu reflektieren gilt. Der Band ist in drei Teile gegliedert. Während sich der Teil A mit dem synodalen Weg in der römisch-katholischen Kirche befasst, beleuchtet der Teil B orthodoxe, protestantische und altkatholische Perspektiven. Der Teil C nimmt sodann die kirchliche Synodalität in ökumenisch-theologischer Perspektive in den Blick. Abschließend fassen die Herausgeber*innen wesentliche Punkte der einzelnen Beiträge zusammen und bieten noch einen Ausblick auf die Debatte.
Dorothea Sattler stellt in ihrem im Teil A angezeigten Beitrag »Der Synodale Weg in Deutschland und die weltweite Ökumene. Reflexionen in Sympathie« heraus, dass der Synodale Weg auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland hohe Achtung erfahren habe. (50) Sie bietet in ihrem Beitrag zudem interessante Einblicke in die Vorgänge in Deutschland. So betont sie, dass zur Geschichte des Synodalen Weges die Erinnerung daran gehöre, dass das Forum »Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche« vom ZdK als Bedingung für seine Teilhabe an dem Reformprozess der römisch- katholischen Kirche in Deutschland erstritten worden sei (51), während es in Hinblick auf die Thematik dieses Forums am Ende zu einem konstruktiv ausgetragenen Streit gekommen sei »zwischen Theologinnen, die bibeltheologisch und dogmenhermeneutisch arbeiten wollten, mit anderen, die diese Thematik unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit und der allgemeinen Menschenwürde betrachtet sehen wollten.« (55) Dorothea Sattler merkt ferner an, dass die Rolle der Theologie auf den gegenwärtigen synodalen Wegen der Christenheit vielfach kritisch angefragt werde. Demgegenüber stellt sie jedoch heraus, dass alle materialen, inhaltlichen Themen der synodalen Prozesse ohne Bezüge zur wissenschaftlichen Theologie nicht weiterführend zu besprechen seien. (55f.) »Es gibt bei der universitären Ausbildung weltweit Standards, die auch für synodale Beratungen gelten. Es bedarf weiterer Anstrengungen, den internationalen Austausch der Theologien auch mit Blick auf ihre Methodik zu stärken. Ohne exegetische Grundkenntnisse und ohne Einsichten in die Hermeneutik der Auslegung historischer Dokumente finden wir nicht mehr zu Konvergenzen. Die Kirchengeschichte belegt: Eine kirchliche Lehre ohne angemessene theologische Begründung findet auf Dauer keine Rezeption.« (56)
Irme Stetter-Karp macht in ihrem ebenfalls im Teil A angeführten Beitrag »Vor Risiken und Nebenwirkungen wird gewarnt. Warum die Bezeichnung ›Systemische Ursachen‹ des sexuellen Missbrauches folgenreich ist« darauf aufmerksam, dass der Synodale Weg keine Idee der Laien in der katholischen Kirche gewesen sei. »Ausgangspunkt des Synodalen Wegs in Deutschland war die Bitte der Deutschen Bischöfe an das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) im Jahr 2019, angesichts der Erschütterungen durch den Missbrauchsskandal einen Weg der Umkehr und der Erneuerung der katholischen Kirche in Deutschland gemeinsam zu suchen.« (59)
Nach Thomas Söding »Die katholische als synodale Kirche. Eine Entdeckungsreise« (Teil C) besteht die ekklesiologische Herausforderung der katholischen Kirche darin, »ihre episkopale Grundstruktur, die unstrittig ist, mit einer synodalen Grundstruktur zu vermitteln, die es neu zu gestalten gilt.« (151) Wie Thomas Söding ferner herausstellt, sei Synodalität als ekklesialer Leitbegriff eine starke Inspiration für die Kirche, die sich auf dem Weg der Umkehr und Erneuerung orientieren wolle. Dabei erachtet er drei Dimensionen der Synodalität als wesentlich: Gemeinschaft, Mission und Partizipation. »Die Gemeinschaft ist die Quelle der Mission; die Partizipation ist der Weg, auf dem die Gemeinschaft der ganzen Kirche Wege findet, im Glauben zu wachsen, Zeugnis für den lebendigen Gott zu geben und den Armen zu dienen.« (156) Dass Synodalität als ein Strukturelement der römisch-katholischen Kirche gestärkt werden muss, ist für Thomas Söding offensichtlich. Andernfalls ließen sich weder die systemischen Ursachen des Machtmissbrauchs bekämpfen noch ließe sich der Klerikalismus überwinden, der nach den Befragungen im Vorfeld der Weltsynode über Synodalität zu den massivsten Problemen der katholischen Kirche gehöre, verbunden mit der Missachtung von Frauenrechten. Und daraus folgt: »Transparenz und Kontrolle müssen im katholischen Kirchenrecht festgeschrieben werden, ebenso die Rechenschaftspflichten der Führungspersonen und die Beteiligungsrechte von ›Laien‹, die vielfach die eigentlichen Experten sind, auch in den kirchlichen Belangen.« (158)
Dass die Vielfalt der Perspektiven die Auseinandersetzung über Synodalität bereichert, zeigt der Beitrag von Ulrich H. J. Körtner »Protestantisierung der katholischen Kirche? Ein evangelischer Blick auf den Synodalen Weg« (Teil C). Darin stellt er zur Diskussion, inwiefern wir Zeugen eines Prozesses der Neufindung des Katholizismus sind, wie sie auch schon in der Vergangenheit stattgefunden habe. (135) Ulrich Körtner plädiert für einen ökumenischen Realitätssinn: »Ohne Gottvertrauen, visionären Geist und Aufbrüche in den Kirchen wird die Ökumene verkümmern. Der Grat zwischen geistgewirkten Visionen und falschen Illusionen ist aber schmal.« (140)
Die Herausgeber*innen des Sammelbandes Nicola Ottiger und André Ritter verweisen abschließend noch einmal auf die Aktualität des Themas der Synodalität und die gemeinsame Herausforderung der Kirchen: »Was bedeutet Synodalität als Grundprinzip kirchlicher Gemeinschaft und damit als Stil von Kirche, wie geschieht Partizipation und Mitentscheidung des Volkes Gottes, und in welchem Verhältnis stehen Laien und Kirchenleitung grundsätzlich zueinander? Innerkirchliche Reformbestrebungen, befördert teilweise durch drastischen Mitgliederschwund, aber auch gesellschaftliche Standards hinsichtlich demokratischer Prozesse und Teilhabe wirken als Katalysator auf ekklesiale Fragestellungen, für die bislang jede der Kirchen ihre eigene ekklesiologischen, u. a. im Kontext der historischen Spaltungen gewonnenen Massstäbe anlegt. Zu den dringend und wesentlich klärungsbedürftigen Themen gehören auch Fragen nach der Stellung der Frau in der Kirche sowie das Verhältnis von Konziliarität und Primatialität.« (181)
Nicola Ottiger und André Ritter haben einen Sammelband herausgegeben, der die Diskussion über Synodalität bereichert und der durch seine vielfältigen Perspektiven besticht.


Peter Ebenbauer (Hg.)
Synodalität
Beiträge zur gemeinschaftlichen und partizipativen Gestalt der Kirche
Innsbruck (Tyrolia Verlagsanstalt) 2025
212 S., € 24,00, ISBN 978-3-7022-4250-3

Der von Peter Ebenhauer herausgegebene Sammelband vereint Beiträge aus unterschiedlichen theologischen Disziplinen. Peter Ebenbauer bietet zunächst einen einführenden Beitrag, in dem er die Eckpunkte des Synodalen Prozesses der römisch-katholischen Kirche darstellt und den Beitrag der akademischen Theologie zu diesem Prozess zur Diskussion stellt. Darauf folgen zwei neutestamentliche Beiträge, von denen der Beitrag von Josef Pichler als Grundlage den Epheserbrief wählt, da dieser zwar an Paulus anknüpft, aber gerade im Kirchen- und Ämterbild von über Paulus hinausgehenden Entwicklungen geprägt ist. Der andere neutestamentliche Beitrag von Lisa Stockhammer und Christoph Heil setzt sich mit dem Aposteltreffen in Jerusalem auseinander. Die Autor*innen sehen in diesem historischen Vorbild einen Anstoß für die Kirche, »gegenwärtige Erfahrungen wie z. B. den Priestermangel nicht zu ignorieren, sondern entsprechende Lösungen zu suchen.« (61) Nach ihnen zeigt das Aposteltreffen, »dass Demokratie und Synodalität nicht in Widerspruch zueinander stehen – im Gegenteil! Hier begegneten sich Gleichrangige auf Augenhöhe und fällten im offenen Austausch, nicht in einer hierarchisch strukturierten Gemeinschaft, eine Entscheidung.« (62) Und so resümieren die Autor*innen, dass das Jerusalemer Aposteltreffen nicht nur historisch bedeutsam, sondern auch für den Synodalen Prozess der römisch-katholischen Kirche richtungsweisend sei. »Man kann hier lernen, dass die Kirche auf konkrete Erfahrungen und sich daraus ergebende Fragen im Vertrauen auf den Heiligen Geist reagieren muss und sie nicht beiseiteschieben darf. Neue Fragen muss die Kirche öffentlich und streitbar, aber auch konstruktiv und lösungsorientiert besprechen. Es darf keine Diskussionsverbote geben, und alle Beteiligten müssen ihre Positionen auch mutig in den Foren der kirchlichen Öffentlichkeit vertreten. Im kirchlichen Austausch muss theologisch argumentiert werden; Argumente, die […] vor allem auf der Autorität der Tradition beruhen, sind schwache Argumente. Vielmehr geht es besonders um die je neue Kontinuität mit Jesus Christus in der Diskontinuität der Zeiten.« (64)
Auf die beiden neutestamentlichen Beiträge folgt mit dem Beitrag von Pablo Argárate ein Beitrag, der das Konzil von Konstantinopel (381) als Vorbildkonzil diskutiert. In dem darauffolgenden Beitrag »Synodalität als kirchliches Prinzip: Verwirklicht in der communio hierarchica?« macht Martina Bär in der Zusammenschau der unterschiedlichen Interpretationen des Communio-Begriffs deutlich, inwiefern es beim Streit um die Communio-Ekklesiologie um einen Streit der Interpretation des Kirchenverständnisses des II. Vatikanums gehe. »Wird nun Communio-Ekklesiologie in Anschluss an das II. Vatikanum und an die ökumenische Forschung auf der Basis des Zusammenhangs von Grund und Gestalt begründet (Grund der Kirche: trinitarisches Handeln Gottes an und in der Welt; Gestalt: soziale Gestalt der Gemeinschaft der Glaubenden), lässt sich gerade die Forderung nach Mitbestimmung aller Gläubigen nicht als modernistische Anpassung an Demokratietheorien abtun, sondern lässt sich theologisch aus dem Selbstverständnis der Kirche begründen. Dieser Zusammenhang ist im Blick auf das Synodalprinzip wichtig, da ein bestimmter Begriff von Communio auch die strukturelle Gestalt einer synodalen Kirche mitbestimmt. Gerade im Blick auf die Weltsynode, in der es um das Thema Partizipation geht, ist entscheidend, auf die inhaltliche Bestimmung des Communio-Begriffs zu achten.« (99) Auf den Beitrag von Martina Bär folgen Beiträge zur Synodalität, die die Perspektiven des katholisch-orthodoxen theologischen Dialogs (Basilius J. Groen/Andrea Riedl), kirchenrechtliche Möglichkeiten (Sabine Konrad) sowie eine kirchrechtliche Stärkung synodaler sich am Subsidiaritätsprinzip orientierender Elemente (Thomas Gremsl) thematisieren, bevor drei Beiträge mit Bezug auf Österreich den Band abrunden.
Der von Peter Ebenbauer herausgegebene Sammelband bereichert den Diskurs zum Thema der Synodalität und unterstreicht einmal mehr die Bedeutung bibelwissenschaftlicher Beiträge zum Synodalen Prozess.


Thomas Söding
Wohin will die katholische Kirche?
Die Weltsynode und Papst Leo XIV.
Ostfildern (Matthias Grünewald Verlag) 2025
584 S., € 42,00, ISBN 978-3-7867-3399-7

Ausgangspunkt dieses Buches ist die Weltsynode, die von 2021–2024 in Rom über Synodalität stattgefunden hat. Thomas Söding hat an der Weltsynode als berufener theologischer Experte teilgenommen und bietet vor diesem Hintergrund mittels eines an den römischen Sitzungstagen geführten »Tagebuches« einen lesenswerten Einblick in die Synode.
Die umfangreiche Publikation hat vier Kapitel. Es gibt zunächst eine Einführung: »Die katholische Kirche im Aufbruch«. In diesem Kapitel geht Thomas Söding auch auf den Synodalen Weg in Deutschland ein und benennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede katholischer Synodalprozesse. Das zweite und das dritte Kapitel sind den Generalversammlungen der Weltsynode 2023 und 2024 gewidmet. Um von dort zeitnah und aktuell berichten zu können, hatte Thomas Söding zusammen mit der Pressestelle des ZdK ein Konzept für einen regelmäßigen Bericht aus Rom entwickelt. Für jeden Synodentag wurde eine sogenannte »SMS« (»Synode mit Söding«) erstellt, »verteilt über den Newsletter, abrufbar auf der Website des ZdK«. (8) Diese »SMS« bilden nun die »beiden Herzkammern des Buches«: »zwei Serien, jeweils 26 Nummern, pro Synodentag eine Sendung, sowohl 2023 als auch 2024.« (8) Die »SMS« wurden für das Buch nicht geändert, weil sie als »synodales Tagebuch« lesbar bleiben sollten. Allerdings gibt es stellenweise Anmerkungen und Erklärungen. Daran anschließend wurden die von den Versammlungen 2023 und 2024 beschlossenen Synodentexte dokumentiert und kommentiert. Das vierte Kapitel bietet einem Ausblick: »Die katholische Kirche im Umbruch« und schließt mit Anmerkungen zum Neuanfang mit Papst Leo XIV. (538ff.)
Wie Thomas Söding bereits im Vorwort herausstellt, ist die Synode »der ernsthafte Versuch, ein Verfassungsproblem zu lösen, das durch eine Überbetonung des hierarchischen Bischofsamtes entstanden ist und eine garantierte Beteiligung des Kirchenvolkes überall dort erfordert, wo die Zukunftsfragen des Glaubens entschieden werden. Synodalität ist zwar ein Kunstwort, macht aber das Grundverständnis von Kirche sichtbar und schafft Raum für reale Reformen. Es heißt: gemeinsamer Weg. Beides ist wichtig: nicht stehenzubleiben, sondern in Gang zu kommen, und zwar nicht gegeneinander, sondern miteinander, also gemeinsam.« (5f.) Dementsprechend benennt Thomas Söding dann in der Einführung drei Herausforderungen des synodalen Prozesses: Klärung des Verhältnisses von Einheit und Vielfalt (Grenzen des Zentralismus, wachsendes Selbstbewusstsein der Kirche vor Ort), Klärung des Verhältnisses von Gottesvolk und Hierarchie (Machtmissbrauch, Überhöhung klerikaler Gewalt) sowie Klärung des Verhältnisses von Identität und Öffnung (inklusive Kirche ohne Vereinnahmung). (17ff.) Thomas Söding verweist in Hinblick auf die zweite Herausforderung »Verhältnis von Gottesvolk und Hierarchie« bereits darauf, dass sich hier die Systemfrage stelle. »Wo Demokratien funktionieren, werden Beteiligungsrechte von den Gläubigen auch in der Kirche eingefordert. Sie zu verweigern, weil die Kirche eine heilige Institution sei, ist schon Machtmissbrauch.« (18f.)
Im abschließenden vierten Kapitel geht Thomas Söding dann auf die großen Herausforderungen der Kirche ein ebenso wie auf ihre Antworten (510ff.) und bietet darin interessante Anmerkungen, u. a. zu »Synodalität und Demokratie« sowie zu »Synoden als Ausdruck und Mittel von Kirchenreform« und verweist auf die synodale Inklusion im Gegenüber zur Exklusion: »Die synodale Kirche will eine inklusive Kirche sein; sie soll die Gemeinschaft des Glaubens vertiefen. Sie will alle Menschen guten Willens willkommen heißen, ohne sie zu vereinnahmen. Sie will diejenigen, die anders leben, als es der katholischen Lehre entspricht, nicht exkludieren, so wenig sie Gewalt und Ausbeutung toleriert.« (528) »Ist der Weltsynode dies gelungen?«, fragt Thomas Söding direkt im Anschluss an seine Ausführungen und bezeichnet die Bilanz als »gemischt«.
Thomas Söding legt ein lesenswertes Buch über die Weltsynode von 2021–2024 und die katholischen Synodalprozesse vor, das eine Vielzahl von Anregungen für die synodale Erneuerung der Kirche bietet.

Prof. Dr. Matthias Blum, Berlin

 

Ewald Volgger/Severin J. Lederhilger/Michael Fuchs (Hg.)
Leiten durch Reflexion
Festschrift für Bischof Manfred Scheuer
Pustet (Regensburg) 2025
620 S., € 48,00, ISBN 978-3-7917-3622-8

Diese Festschrift enthält mehrere lesenswerte Beiträge zum Thema Synodalität und Bischofsamt. Erhellend führt z. B. Klara A. Ciszar in die Volk-Gottes-Ekklesiologie von Vatikanum II ein und zeigt, wie Papst Franziskus sie weitergeführt hat. Bischöfe werden auch in der synodalen Kirche weiterhin eine zentrale Rolle spielen und in Zukunft auch Aufgaben als Vermittler und Förderer der Kirchenentwicklung bekommen.


Karl Rahner
Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance
Neuausgabe mit einer Einführung von Michael Seewald
Herder (Freiburg 2019)
168 S., € 18,00, ISBN 978-3-451-38531-5

Schon in den 1970er-Jahren hat Karl Rahner beschrieben, wie ein Strukturwandel in der Kirche möglich ist. Mit »Klerikalismus«, »Legalismus«, »Schutz der eigenen Institution« benennt er viele noch heute aktuelle Probleme und zeigt Wege auf für eine Kirche der Zukunft: Sie sollte einen inneren Pluralismus ermöglichen, verbinden statt trennen; sich von der Basis her aufbauen, neu über Amt und Leitung nachdenken, Demokratie wagen und in die Gesellschaft hineinwirken. Einleitend erläutert Michael Seewald, in welchem Kontext Rahners Vorschläge entstanden sind und warum sein Text gerade heute lesenswert ist.

Bettina Eltrop

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