Stefan Voges

Literatur zum Heftthema


Papst Franziskus
Laudato si’
Über die Sorge für das gemeinsame Haus
Die Umwelt-Enzyklika mit Einführung und Themenschlüssel
Mit einer Einführung von Christiane Florin
Stuttgart (Katholisches Bibelwerk) 32015
223 S., € 10,00, ISBN 978-3-460-32134-2

Der päpstliche Weckruf Laudato si’ (LS) ist zweifellos ein Meilenstein, nicht nur in der Geschichte des kirchlichen Lehramts, sondern auch in der Evolution christlicher Schöpfungsspiritualität. Weltweit und über die Kirchengrenzen hinaus fand dieses Schreiben, das Papst Franziskus »an jeden Menschen […], der auf diesem Planeten wohnt« (LS 3), gerichtet hat, große Beachtung. Die häufig verkürzte Charakterisierung als Umweltenzyklika ist immer wieder zu ergänzen durch den Hinweis, dass Laudato si’ die vielfältigen Verbindungen zwischen der Bedrohung des gemeinsamen Hauses und weltweiter sozialer Ungerechtigkeit (LS 48–52 u. ö.) aufzeigt und umfassender als Sozialenzyklika zu verstehen ist. Hervorzuheben ist auch, dass der Papst in seinem Schreiben wissenschaftliche Analysen der Situation des gemeinsamen Hauses rezipiert und sie im Licht des »Evangeliums von der Schöpfung« als Aufruf zur ökologischen Umkehr deutet. Die hier vorgestellte Ausgabe der Enzyklika enthält einen Anhang mit Themenschlüssel, Namen- bzw. Quellenregister und Bibelstellenverzeichnis – für den Einsatz in Studium, Bildungsarbeit und Pastoral hilfreiche Seiten.

 

Papst Franziskus
Unsere Mutter Erde
Gemeinsam die Schöpfung bewahren
Mit einem Vorwort von Patriarch
Bartholomaios. Hg. v. Giulio Cesareo
Ostfildern (Patmos) 2020
128 S., € 18,00, ISBN 978-3-8436-1223-4

Die in diesem Buch versammelten Texte dokumentieren den Einsatz von Papst Franziskus für die Bewahrung der Schöpfung. Neben Auszügen aus Laudato si’ sind verschiedene Ansprachen und Botschaften enthalten, beispielsweise zum Gebetstag zur Bewahrung der Schöpfung am 1. September. Darin kommt zum einen das – besonders im Schulterschluss mit der Orthodoxie – gelebte ökumenische Engagement zum Ausdruck. Zum andern zeigen die Texte, dass der Papst den in Laudato si’ geforderten Dialog, »der auf die Schonung der Natur, die Verteidigung der Armen und den Aufbau eines Netzes der gegenseitigen Achtung und der Geschwisterlichkeit ausgerichtet ist« (LS 201), immer wieder sucht und führt. Erstmals veröffentlicht ist in diesem Band der Text »Eine große Hoffnung«, in dem Papst Franziskus die Begriffe Geschenk, Reue, Opfergabe und Geschwisterlichkeit als Marken eines Weges der Heilung meditiert.

 

Thomas Dienberg/Stephan Winter (Hg.)
Mit Sorge – in Hoffnung
Zu Impulsen aus der Enzyklika Laudato si’ für eine Spiritualität im ökologischen Zeitalter
Regensburg (Pustet) 2020
246 S., € 24,95, ISBN 978-3-7917-3141-4

Die Vielfalt der Impulse, die von Laudato si’ ausgehen, spiegelt sich in einem Sammelband, dessen Titel die der Enzyklika zugrundeliegende Spannung auf den Punkt bringt. Die thematische Bandbreite der franziskanisch inspirierten Beiträge reicht von einer Erschließung des Sonnengesangs des heiligen Franz von Assisi über Praxisreflexionen zur Umweltbildung bis zur Vorstellung »franziskanischer Gärten«. Brückenschläge zur Managementforschung und zu Urbanitätsdiskursen finden ebenso Platz wie Überlegungen zu Gebet und Gottesdienst als ökologischen Bildungsorten. Durch ihre Unterschiedlichkeit bringen die Themen ihren gemeinsamen Bezugspunkt zum Ausdruck, nämlich die von Laudato si’ vertretene ganzheitliche Ökologie. Darin wird nicht nur die Komplexität der ökologischen Krise deutlich, sondern auch die vielfältigen Ansatzpunkte für eine ökologische Umkehr.

 

Severin J. Lederhilger (Hg.)
Gärten in der Wüste
Schöpfungsethik zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Regensburg (Pustet) 2018
205 S., € 24,95, ISBN 978-3-7917-3011-0

Unter dem Leitwort »Gärten in der Wüste«, biblisch anhand der Wörter »Wüste, Sintflut, Garten Eden« entfaltet, eröffnet dieser Tagungsband einen multiperspektivischen Zugang zur Schöpfungsethik. Aus der lesenswerten Sammlung seien zwei Beiträge hervorgehoben, die seltene, aber wichtige Perspektiven einbringen. Ein facettenreicher Beitrag zur »grünen Seite des Islams« erinnert an die interreligiöse Perspektive. Mit der »Postwachstumsökonomik« hat sich ein kontrovers diskutierter wirtschaftswissenschaftlicher Ansatz zwischen die theologischen Überlegungen gemischt. Schließlich wird das konkrete Handeln der Kirchen in Fragen der Schöpfungsverantwortung thematisiert, wobei die »ökologische Umkehr« (LS 217) als verbindendes Stichwort dient. Der Band zeigt exemplarisch das Potential des ökumenischen, interreligiösen und interdisziplinären Dialogs, der für eine transformatorische Schöpfungsethik nötig ist.

 

Brigitte Enzner-Probst/Elisabeth Moltmann-Wendel (Hg.)
Im Einklang mit dem Kosmos
Schöpfungsspiritualität lehren, lernen und leben. Theologische Aspekte – Praktische Impulse
Ostfildern (Matthias Grünewald) 2013
288 S., € 25,00, ISBN 978-3-7867-2971-6

Der Dreiklang »Lehren, lernen, leben« umreißt die Grundstruktur dieses Sammelbandes. Der erste Teil enthält grundlegende theologische Annäherungen an die Schöpfungsspiritualität, etwa exegetische Ausführungen zum Verhältnis von Kosmos und Christus oder Reflexionen von Begriffen wie »Kosmische Demut« oder »Achtsames Wahrnehmen«. Die Beiträge des zweiten Teils thematisieren Lebenssituationen, die als Lernorte der Schöpfungsspiritualität verstanden werden können, von der Geburt über das Wasser und die Taufe bis zu Erfahrungen aus der Begleitung Sterbender. Um konkret gelebte Schöpfungsspiritualität geht es im praxisorientierten dritten Teil, der poetische Texte und liturgische Entwürfe bietet und beispielhaft eine Reihe von Initiativen vorstellt. Ein Schwerpunkt dieser inspirierenden Sammlung liegt auf der besonderen Perspektive von Frauen, wenn beispielsweise Frauenliturgien vorgestellt und ausgewertet werden.

 

Katrin Bederna
Every Day for Future
Theologie und religiöse Bildung für nachhaltige Entwicklung
Ostfildern (Matthias Grünewald) 22020
292 S., € 28,00, ISBN 978-3-7867-3191-7

Katrin Bederna fragt in ihrem Buch nach dem Beitrag, den religiöse Bildung zu einer umfassenden Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten kann. Als Ausgangssituation ihrer Überlegungen skizziert die Autorin den wissenschaftlich beschriebenen Klimawandel. Sie diskutiert den Begriff Nachhaltigkeit und stärkt ihn als handlungsleitendes Prinzip. Sie benennt Inhalte der Theologie, die den Nachhaltigkeitsdiskurs befruchten können, beispielsweise das Bild der Welt als »Body of God« oder das theologische Nachdenken über Freiheit. Diese Vorüberlegungen verknüpfend entwickelt sie abschließend den Ansatz einer »Transformationsbildung in messianischer Perspektive«. Damit greift Bederna zwar das in Laudato si’ benannte Anliegen einer ökologischen Erziehung (LS 209–215) auf, kritisiert jedoch dessen tugendethischen Ansatz (S. 79f.) und zeigt überzeugend eine Alternative auf, die Bildung als Freiheitsgeschehen versteht und ernst nimmt. Dabei geht es immer wieder um Schülerinnen und Schüler als Subjekte der Bildung – und als Trägerinnen und Träger der Fridays-for-Future-Bewegung –, doch nicht wenige der damit verbundenen Beobachtungen, beispielsweise zur motivierenden Kraft von Narrativen oder zu Hindernissen nachhaltiger Veränderung, lassen sich auf die ganze Gesellschaft übertragen.

 

Leonardo Boff/Mark Hathaway
Befreite Schöpfung
Kosmologie – Ökologie – Spiritualität. Ein zukunftsweisendes Weltbild
Kevelaer (Butzon & Bercker) 2016
392 S., € 29,95, ISBN 978-3-7666-2269-3

Im Kontext christlicher Theologie mutet der Ansatz des bekannten Befreiungstheologen und seines Mitautors zunächst merkwürdig an. So werden den Kapiteln nicht etwa Bibelzitate, sondern Verse aus dem Tao-Te-King vorangestellt. Und bevor im letzten Kapitel ausdrücklich christlich-theologische Aspekte thematisiert werden, sind ausführliche Kapitel über Kosmologie, Quantenphysik, Systemtheorie und morphische Resonanz zu durchqueren. Wer sich auf dieses anregende gedankliche Abenteuer einlässt, wird jedoch in ein neues kosmologisches Denken geführt und vor allem in eine zugleich faszinierende und herausfordernde Spiritualität der Schöpfung. Diese Spiritualität zeichnet sich dadurch aus, dass sie im Dialog mit naturwissenschaftlichen Ansätzen und (gelegentlich randständigen) Denkmodellen entwickelt wird und dadurch Aktualität und argumentative Kraft gewinnt. Mit ihrem Vorhaben, in der ökologischen Krise eine Weisheit der Veränderung zu finden, haben die Autoren, deren Buch im englischen Original bereits 2009 erschien, das Anliegen von Papst Franziskus gleichsam vorweggenommen, »keinen Wissenschaftszweig und keine Form der Weisheit« beiseitezulassen, um eine heilende Ökologie zu entwickeln.

 

Andreas Benk
Schöpfung – eine Vision von Gerechtigkeit
Was niemals war, doch möglich ist
Ostfildern (Matthias Grünewald) 2016
317 S., € 22,00, ISBN 978-3-7867-3096-5

Eine befreiungstheologische Lesart des christlichen Schöpfungsglaubens bietet Andreas Benks Entwurf einer »visionären Schöpfungstheologie«. Dazu unternimmt es der Autor zunächst, in einer zweifachen Klärung die ursprüngliche Sinnspitze der biblischen Schöpfungstexte freizulegen. Zum einen entlarvt Benk rückwärtsgewandte und ideologische »Restbestände« einer Schöpfungstheologie, mit denen Machtverhältnisse gerechtfertigt und sakralisiert werden. Zum anderen holt er die Schöpfungstheologie aus der historisch gewachsenen, aber irreführenden Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften heraus. Vor diesem Hintergrund zeigt sich der befreiende und prophetische Charakter biblischer Schöpfungserzählungen. Diese dienen dem Autor als Grundlage einer auf Gerechtigkeit ausgerichteten visionären Schöpfungstheologie – mit erheblichen sozial­ethischen und politischen Konsequenzen. Die lesenswerte Studie entwirft eine gesellschaftsrelevante Schöpfungstheologie, die sowohl gegen naturrechtliche Vereinnahmung als auch gegen einen naturwissenschaftlich begründeten Vorwurf, überholt zu sein, immun ist und auf biblischer Grundlage eine motivierende Kraft für die Bewahrung der Schöpfung entfaltet.

Stefan Voges


Stefan Voges
Christlicher Schöpfungsglaube heute
Spirituelle Oase oder vergessene Verantwortung?
Edition Weltkirche, Band 2
Ostfildern (Matthias Grünewald) 2020
192 S., € 32,00, ISBN 978-3-7867-3226-6

Mit dem Klimawandel hat der christliche Anspruch, die Schöpfung zu bewahren, eine neue Dringlichkeit bekommen. Aber was meint eigentlich die Rede von der »Schöpfung«? Wie können wir die biblischen Schöpfungserzählungen verstehen? Welche Impulse gibt der Schöpfungsglaube für ein christliches Leben heute? Der vorliegende Band, der zusammen mit missio Aachen herausgegeben wurde, versammelt Beiträge zur christlichen Schöpfungsspiritualität, die von biblischen Reflexionen bis zu sozialethischen Überlegungen im Anschluss an die Enzyklika Laudato si’von Papst Franziskus reichen. Die engagierten Beiträge bieten einen facettenreichen Einblick in gegenwärtige Diskurse einer Theologie und Spiritualität der Schöpfung. Ein besonderer Aspekt liegt auf der ökumenischen Vielfalt der Schöpfungsspiritualität. Sehr bedenkenswert ist das eindrückliche Plädoyer der früheren Bischöfin der Nordelbischen Kirche, Bärbel Wartenberg-Potter, die dazu aufruft, die ökumenische Christenheit möge sich zusammentun und ihre spirituellen und materiellen Energieen in solidarischer Weise allen Mit-Menschen und Mit-Geschöpfen zukommen lassen – um so dem »Gott des Lebens« zu dienen.

 

Wir empfehlen als zusätzliche Lektüre:

Bibel und Kirche 4/2016: Der andere Blick auf Tiere (bibelwerk.shop)

Bibel heute 4/2011: Schöpfung (bibelwerk.shop)

sowie unsere ausführlichen Buchbesprechungen online auf: www.bibelwerk.de/verein/buecherschau

 

Bettina Eltrop

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