Matthias Blum

Literatur zum Heftthema


Peter Busch
Magie in neutestamentlicher Zeit 
(Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; Bd. 218)
Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2006
190 S., € 100,00, ISBN 978-3-525-53081-8

Peter Busch geht im einführenden Teil zunächst der Frage nach, was Magie sei. Er stellt heraus, dass es ihm nicht um das »ob« gehe, also nicht um die Frage, ob etwa Handlungen und Worte Jesu und der frühen Christen magisch seien. Ihm geht es vielmehr um die Frage, inwieweit und warum diese als »magisch« verstanden worden seien. Nicht das Phänomen, sondern die Bedeutungsvielfalt des Wortes steht im Fokus der Untersuchung. Dabei sollen die antiken Texte selbst zu Wort kommen, der Gegenstand der Untersuchung sei das Verständnis von »Magie« in den einzelnen Texten (17). Im zweiten Teil der Untersuchung befasst sich Peter Busch mit den Zeugnissen: Amulette als apotropäischer Schutzzauber (Unheil abwehrende Magie), Defixionen (Zeugnisse des Bindezaubers), griechische Zauberpapyri sowie Zaubertexte in Qumran. Im dritten Teil der Untersuchung geht es um die Innensicht der Magie: um positive Rezeption magischer Praktiken im Umfeld des Neuen Testaments, um Spuren antiker Magier und um Magie und Magier darin, während der vierte Teil der Magiepolemik, der »Außenansicht der Magie«, gewidmet ist. Untersucht werden hier griechisch-römische sowie christliche Magiepolemik und Phänomene, die den Magieverdacht hervorrufen. Peter Busch schließt seine Untersuchung mit einem essayistischen Epilog und bietet abschließend ein Literaturverzeichnis und Stellenregister.
Peter Busch folgert aus seinen Untersuchungen, dass Magie selbst im Neuen Testament nur eine Marginalität sei, obwohl sie in der Umwelt des Neuen Testaments ein fester Teil der Volksreligiosität sei (160). Der Schwerpunkt liege auf Konzepten, die als »anderer Weg zur Magie« auffassbar seien: Göttliche Kraft statt Magie bei Jesus, Bevollmächtigung statt Magie bei den Aposteln, Sünde und Rechtfertigung statt Schadenszauber und Gegenmittel, Christus als Befreier, Heiliger Geist statt Beschwörungsformeln, Gebet statt Amulette oder Gegenzauber (160ff.).
Peter Busch bietet eine gewinnbringende Untersuchung, die den Leser:innen nicht nur ein umfangreiches Quellenmaterial erschließt, sondern auch anregende Textdeutungen aufzeigt.


Rüdiger Schmitt
Mantik im Alten Testament
(Alter Orient und Altes Testament; Bd. 411)
Münster (Ugarit Verlag) 2014
212 S., € 69,00, ISBN 978-3-86835-100-2

Rüdiger Schmitt führt gleich im ersten Kapitel umfassend in den Stand der Forschung ein. Dabei bietet er eine Definition von Mantik »als jegliche Form ritualsymbolischen Handelns, die durch Nutzung bestimmter Medien (Symbol, Wort und Handlung) und kosmischen Wissens von einer Gottheit oder einem anderen numinosen Wesen Einsicht und Belehrung über Vergangenes und Zukünftiges zum Zwecke der Orientierung eigenen Handelns zu erhalten versucht.« (4) Rüdiger Schmitt fasst den Stand der Forschung dahingehend zusammen, dass seit den 1980er Jahren des 20. Jahrhunderts Magie und Mantik nicht mehr als mehr oder minder »obskure« Randphänomene wahrgenommen würden, sondern als zentrale Formen religiöser Praxis, die fest eingebunden seien in die jeweiligen religiösen Symbolsysteme. Mantische Praxis sei auf jeden Fall ein bedeutendes Element altorientalischer »Zukunftsbewältigung« (27f.). Das zweite Kapitel befasst sich mit mantischen Spezialisten und mantischer Praxis im Alten Testament, während das dritte Kapitel Medien instrumenteller Mantik vorstellt. Der Diskurs um legitime und illegitime Mantik im Alten Testament ist Inhalt des vierten Kapitels, das fünfte Kapitel bietet dann eine Zusammenfassung zur Mantik in der Religionsgeschichte Palästinas/Israels. Der Band schließt mit einer Bibliographie und Indices.
Rüdiger Schmitt stellt abschließend heraus, dass sich die Leistungsbezüge mantischer Praktiken »im wesentlichen auf die Bewältigung individueller, familiärer und gesellschaftlicher bzw. staatlicher Krisen- und Kontingenzerfahrungen [richten], wie Krankheit und Tod (oftmals durch Hexerei), Krieg, Naturkatastrophen, Hungersnot, Seuchen etc., um Krisen verstehbar zu machen und Wege der Bewältigung und Lösungen für die Zukunft (insbesondere durch entsprechende Rituale) zu erkunden.« (159) Wie Rüdiger Schmitt aufzeigt, erfüllten die mantischen Praktiken, die im Alten Testament und auch archäologisch bzw. epigraphisch erschlossen werden können, je unterschiedliche Leistungsbezüge in der offiziellen staatlichen Religion, in der familiären Religion, in der gruppenbezogenen Religion, in der schriftgelehrten Bildungskultur sowie im juridischen Bereich (160ff.). So komme in der offiziellen Religion der Mantik eine herrschaftslegitimierende Funktion zu wie beim Thronwechsel, bei Putschsituationen und zur Vorbereitung von Kriegen. In der familiären Religion spiele die Mantik in erster Linie in Fällen existentieller Notsituationen wie Kinderlosigkeit, Kindstod und Krankheit eine Rolle. In der gruppenbezogenen Religion, den prophetischen Konventikeln der nachexilischen und der hellenistischen Zeit sowie in sektenartigen Gruppen wie den alexandrinischen Therapeuten diente die gruppenbezogene Mantik der Erzeugung von Gemeinschaft (existentiell in der Ekstase, normativ, um soziale Kontrolle innerhalb der Gruppe zu etablieren und ideologisch als gemeinschaftsbildende Lehre). Während in der schriftgelehrten Bildungskultur in der Zeit des Zweiten Tempels die literarisierte Prophetie zum Gegenstand der Weitertradierung, Fortschreibung und Aktualisierung der mantologischen Exegese werde, dienten die mantischen Praktiken im juridischen Bereich zur Urteilsfindung und zur Legitimierung eines Urteils durch göttlichen Entscheid. Diese Praxis mantisch-juridischer Urteilsfindung komme im Alten Testament, wie Rüdiger Schmitt hervorhebt, nur in juridisch relevanten Fällen schwerer Delikte wie Mord, Körperverletzung, Diebstahl und Ehebruch zum Einsatz, wo mit Mitteln der Zeugenaussage kein Beweis zu erbringen sei und Jahwe in seiner Funktion als Richter als letzte Instanz aufgerufen werde.
Rüdiger Schmitt legt mit seinem Buch eine bedeutende und grundlegende Studie zur Mantik im Alten Testament vor.


Jens Kamlah, Rolf Schäfer und Markus Witte (Hg.)
Zauber und Magie im antiken Palästina und seiner Umwelt
Kolloquium des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas, 14.–16.11.2014, Mainz 
(Abhandlungen des Deutschen Palästina- Vereins; Band 46)
Wiesbaden (Harrassowitz Verlag) 2017
582 S., € 78,00, ISBN 978-3-447-10781-5

Der Sammelband geht auf ein wissenschaftliches Kolloquium zurück, das der Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas (DPV) im November 2014 veranstaltet hat. Von den 18 Beiträgen des Bandes wurden neun Beiträge bereits auf dem Kolloquium vorgestellt, während neun weitere Beiträge für diese Publikation gewonnen werden konnten. Die Beiträge setzen sich mit Phänomenen und Deutungen von Zauber und Magie im antiken Palästina sowie seiner griechischen, kleinasiatischen, ägyptischen und vorderasiatischen Umwelt auseinander. Nach einer Einleitung durch die Herausgeber befasst sich Daniel Schwemer in seinem Beitrag mit den Möglichkeiten und Grenzen einer Systematik der babylonisch-assyrischen Magie. Seine Ausführungen sind u. a. von den Fragen bestimmt, wie man Magie im Mesopotamien der altorientalischen Epochen als Gesamtphänomen beschreiben könne und wie man Magie als eine in Texten, Bildern und Artefakten bezeugte Praxis systematisch in ihrer Vielfalt angemessen darstellen und analytisch durchdringen könne (13). Christa Müller-Kessler und Markham J. Geller befassen sich in ihren Beiträgen jeweils mit Zauberschalen. Während Christa-Müller-Kessler einen Überblick über das Schreibmedium Zauberschale bietet, widmet sich Markam J. Geller in seinem Beitrag Detailthemen der Zauberschalen. Christa Müller-Kessler bietet eine Bestandsaufnahme der Zauberschalen aus dem 4 – 7. Jh. n. Chr., zu der ebenfalls eine Kartierung der Fundorte im Irak, Iran und Syrien gehört (71). Zauberschalen wie auch beschriftete Metallamulette aus denselben Fundkontexten seien in einer eigenen Literatursprache gehalten und oft stilistisch sehr ausgefeilt, wie sie herausstellt (77). So sei die poetische Sprachebene der Texte strikt von der Umgangssprache zu trennen. Abschließend bietet Christa Müller- Kessler fünf Textbeispiele attraktiver Beschwörungstexte und -geschichten und gewährt damit einen Einblick in spätantike Zeugnisse vorderorientalischer Magie. Markham J. Geller erklärt das plötzliche Auftauchen der aramäischen Zauberschalen im 4./5. Jh. n. Chr. mit der rückläufigen Kompetenz, auf Akkadisch überlieferte magische und medizinische Texte lesen zu können. Dass diese Zauberschalen dann im 7./8. Jahrhundert wieder verschwinden, sei mit der Verbreitung syrischer Übersetzungen antiker griechischer und medizinischer Texte im mesopotamischen Raum zu erklären. Drei Beiträge des Bandes befassen sich mit Magie im Alten Ägypten. Hans-Werner Fischer-Elfert fragt nach den Textgattungen in der altägyptischen Magie, respektive nach der Eigenbegrifflichkeit im altägyptischen Magiediskurs. Christian Herrmann beschäftigt sich mit der Verbreitung ägyptischer Amulett-Typen in Palästina/Israel und der Frage ihrer Herkunft, während Joachim Friedrich Quack sich mit den alttestamentlichen Motiven der gräko-ägyptischen Magie der Römerzeit auseinandersetzt. Eine Reihe von Beiträgen befasst sich sodann mit ausgewählten Texten; Simone Paganini mit Zauberei, Magie und anderen verbotenen Praktiken in Dtn 18,9–14, Michael Pietsch mit Magie und Ritual in den Elischaerzählungen, Beate Ego mit »Magie« in der Tobiterzählung, Stefan Beyerle mit Zauberei und Magie in der Apokalyptik und Annette Steudel mit Magie in den Texten von Qumran. Reinhard von Bendemann setzt sich sodann mit Rekadenz-Phänomenen im Spannungsfeld von Wundertätigkeit, Magie und Medizin auseinander. Und in dem abschließenden Beitrag des Sammelbandes befasst sich Marco Frenschkowski mit Konkurrenzszenarien in altkirchlicher Erzählliteratur, u. a. mit der Figur des Magiers als eines Konkurrenten, als Gegenüber des Predigers, Apostels und Missionars. Der Sammelband schließt mit einem umfangreichen Register und einem Tafelteil; zudem werden 53 Farbtafeln auf einer CD geboten.
Jens Kamlah, Rolf Schäfer und Markus Witte haben einen überaus anregenden Sammelband zu Zauber und Magie herausgegeben.

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